BilRUG: Wo bleiben die außergewöhnlichen Aufwendungen und Erträge?

25

Mrz

2016

Mit dem Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetz hat Deutschland eine Art IFRS-Light erhalten („Mittelstands-CFOs fürchten Bilanzierungsreform BilRUG“, in: Financemagazin vom 23.07.2015). Im Gegensatz zu den Light-Produkten der Lebensmittelbranche und ihrem Versprechen reduzierter Kalorien muss man allerdings in diesem Fall eher von schwerer Kost ausgehen, zumal das Deutsche Handelsrecht durch BilRUG nicht unbedingt transparenter wird: Durch das Spannungsfeld zwischen angelsächsischer […]

ebodenmueller 18:22

Mit dem Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetz hat Deutschland eine Art IFRS-Light erhalten („Mittelstands-CFOs fürchten Bilanzierungsreform BilRUG“, in: Financemagazin vom 23.07.2015). Im Gegensatz zu den Light-Produkten der Lebensmittelbranche und ihrem Versprechen reduzierter Kalorien muss man allerdings in diesem Fall eher von schwerer Kost ausgehen, zumal das Deutsche Handelsrecht durch BilRUG nicht unbedingt transparenter wird: Durch das Spannungsfeld zwischen angelsächsischer und kontinentaler Rechnungslegung ergeben sich neue anwendungstechnische Fragestellungen und ein breites Feld für wirtschaftsphilosophische Diskussionen.

Wichtig für die Baubranche sind aber ggf. die Auswirkungen des BilRUG auf die Kosten- und Leistungsrechnung.
Die bisherige Regelung zum Ausweis der außerordentlichen Aufwendungen und Erträge in § 277 Abs. 4 HGB wird durch das BilRUG ersatzlos gestrichen. Vielmehr ist nun eine Behandlung der außergewöhnlichen Aufwendungen und Erträge im Anhang vorgesehen. Um das Thema noch zu komplizieren, weichen auch die Begrifflichkeiten voneinander ab: „außergewöhnlich“ (neu; dieser Begriff ist enger auszulegen) und „außerordentlich“ (bisheriger Begriff).
Aber nicht nur in der Gewinn- und Verlustrechnung, sondern auch in der Kosten- und Leistungsrechnung gibt es die Bezeichnung „außerordentlich“ in der Abgrenzung zu „normal“ sowie „betriebsbedingt“ und „betriebsfremd“.
BWI-Bau-seitig und in Abstimmung mit Hochschulvertretern empfehlen wir eine pragmatische Vorgehensweise. Da die Kosten- und Leistungsrechnung nur dem lex specialis der Unternehmen verpflichtet ist, zählt hier nicht der steuerliche Subventionsgedanke, sondern nur die Kommunikationsbelange des Unternehmens. Das heißt, durch das BilRUG ändert sich erst einmal nichts. Die Herstellkosten bleiben gleich. Die Deckungsbeiträge bleiben unverändert. Auch in der 8. Auflage der KLR Bau, die im Herbst 2016 erscheint, werden die außergewöhnlichen Aufwendungen und Erträge weiterhin in der Kosten- und Leistungsrechnung ausgewiesen, damit derjahresübergreifende Vergleich der normalen Geschäftstätigkeit weiterhin transparent bleibt. Das BWI-Bau bietet darüber hinaus am 21. April 2016 ein Seminar zur Baubilanz an, bei dem auch auf das neue BilRUG eingegangen wird.
Leistungsbewertungen sind ebenfalls nicht betroffen. Auch im neuen Baukontenrahmen werden weiterhin außergewöhnliche Erträge und Aufwendungen betrachtet. Lediglich in der GuV werden diese Positionen nicht mehr erscheinen. Aber: Die Herstellungskosten können durch die Neureglung ebenso betroffen sein wie die Anschaffungskosten (Schaffer GbR:  BilRUG 2015 – Sonderrundschreiben).
Probleme treten erst dann auf, wenn die Rechenwerke vereinheitlicht werden. Insofern hilft also leider auch das BilRUG nicht dabei, den Aufwand der Unternehmer im Berichtswesen zu reduzieren, wenn sich bereits die Kostenrechnung an den HGB-Regelungen orientieren soll.

Generell weisen wir darauf hin, dass im Zusammenhang mit den GOBD unbedingt immer ein steuerlich kompetenter Berater hinzugezogen werden sollte.

Rechtssichere Archivierung im Einkauf bei Nutzung digitaler Medien

7

Mrz

2016

In den 80er Jahren war das papierlose Büro scheinbar zum Greifen nah, Ende der 90er Jahre etablierten sich zahlreiche Hersteller von sogenannten Dokumenten-Management-Systemen (DMS). Die Potentiale waren schnell ausgemacht: Optimierung mittels kombinierter Systeme, Kosteneinsparungen und Wachstumsmöglichkeiten. Aus DMS wurden Workflow-Management-Systeme und Content-Management-Systeme. Durch die Vernetzung, vor allem über das Internet, erfolgte eine Digitalisierung der Geschäftsprozesse […]

ebodenmueller 16:23

In den 80er Jahren war das papierlose Büro scheinbar zum Greifen nah, Ende der 90er Jahre etablierten sich zahlreiche Hersteller von sogenannten Dokumenten-Management-Systemen (DMS). Die Potentiale waren schnell ausgemacht: Optimierung mittels kombinierter Systeme, Kosteneinsparungen und Wachstumsmöglichkeiten. Aus DMS wurden Workflow-Management-Systeme und Content-Management-Systeme. Durch die Vernetzung, vor allem über das Internet, erfolgte eine Digitalisierung der Geschäftsprozesse und somit auch der Archivierung.
Im Jahr 2000 erkannte auch der Staat zusätzlichen Reglungsbedarf und schuf neben den 1995 erlassenen GoBS (Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführungssysteme) die GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen).
In der Wirtschaft wurde erstens die Tragweite dieser Grundsätze unterschätzt und zweitens konnte der Gesetzgeber die schnelle Entwicklung im IT-Sektor ebenfalls nicht in vollem Umfang antizipieren.
Dies hat sich nun geändert: Auch der Staat hat realisiert, dass die Reglungen zur Ordnungsmäßigkeit bei IT-Systemen (hier Hard- und Software) stringenter befolgt werden müssen. Konsequenz: 2014 wurde das Konglomerat aus unterschiedlichen Bestimmungen und BMF-Schreiben zu den neuen GoBD verdichtet (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff).

Zu welchen Problemen dies führen kann, verdeutlicht unser Ressortleiter für ITg-gestützte Geschäftsmodelle, Dipl.-Kfm. Sascha Wiehager (CISA), gerne an folgendem Beispiel aus dem Einkauf:
Ausgangslage
Der Einzelunternehmer Ronald R. führt das digitale Belegwesen ein. Auf der Einkaufs-/Verkaufsseite nutzt er das sog. Zugferd-Verfahren zur Datenübermittlung. Die Rechnungen werden mittels spezieller Schnittstellen in das ERP-Programm (Enterprise-Ressource-Program, enthält unter anderem die FiBu) des Unternehmens eingelesen. Dabei fällt nicht auf, dass § 14 UStG nicht komplett erfüllt wird. D. h., wesentliche Bestandteile einer Rechnung sind auf den Eingangsrechnungen nicht enthalten.

Handlungsablauf
1. Die Buchhalterin Britta B. bewahrt die Protokolle zum Einspielvorgang (mehr als 10 Jahre lang) auf.

2. Nach 3 Jahren stellt das Unternehmen auf eine neue Software um. In der Finanzbuchhaltung und im Kontokorrent werden nur Salden übernommen. Das Altsystem wird mit den Inhalten außer Dienst gestellt. Die Migration auf das Neusystem erfolgt mittels einer einfachen Saldenübernahme.

3. Zur Vereinfachung des Datenaustauschs nutzt der Unternehmer die Cloud-Lösung eines US-amerikanischen  Konzerns. Die Daten zu den elektronischen Rechnungen werden nicht im Unternehmen gesichert. Nach 10 Jahren werden die Rechnungsdaten in der Cloud gelöscht.

Konsequenzen
1)    Die Firma Rumshackle verliert aufgrund der fehlenden Informationen gem. § 14 UStG die Berechtigung zum Vorsteuerabzug.
2)    Eine Archivierung im Ausland ist handelsrechtlich zwar unbedenklich, aber: Steuerrechtlich steht einem exterritorialem Server der § 146 Abs. 2 AO entgegen. Bücher und Aufzeichnungen dürfen demnach nur in Deutschland aufbewahrt werden. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der Behörden (§ 146 Abs. 2a AO).
3)    Außerdem ist die Verdichtung der Daten nicht zulässig (GoBD, Tz 125 ff.).
4)    Auch die Aufbewahrung der Protokolle genügt nicht. Diese sind zwar ebenfalls zu archivieren. Die Protokolle belegen in der Regel jedoch nur die Vollständigkeit. Generell kann je nach Art des Protokolls der ein oder andere Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung erfüllt sein, zumeist allerdings nicht alle.
5)    Die Löschung der Exportdaten bzw. der Basisdaten auf dem Server in den USA: Die Daten müssen in der Regel länger als 10 Jahre aufbewahrt werden. Wer Unternehmen ohne weitere Informationen eine Datenvernichtung nach 10 Jahren empfiehlt, handelt grob fahrlässig. Denn diese Frist kann durch unterschiedliche Gründe (vgl. § 147 Abs. 3 AO) verlängert werden. Zudem kommt es darauf an, wann diese Frist zu laufen beginnt.
6)    Eine Migration darf nicht die Möglichkeit der Finanzverwaltung einschränken, eine Prüfung der Massendaten durchzuführen (so wie diese z.B. im Altsystem möglich gewesen wäre). Hier besteht ein Unterschied zu den vor 2014 gültigen GoBS. In den 1995 erschienenen GoBS war es erforderlich, dass Altsystem auf jeden Fall weiter zu betreiben (vgl. GoBS Tz. 5.4). Bei großen AS 400-Anlagen (o. ä.) konnten so schon einmal Platzprobleme auftreten oder Probleme durch eine doppelte Infrastruktur (mit jeweils entsprechenden Datensicherheitsaspekten). Aber auch nach den neuen GoBD dürfen die Altsysteme nur abgeschaltet werden, wenn eine Auswertbarkeit im selben Stil wie auf dem Altsystem möglich ist, vgl. GoBD Tz. 142 ff. Die Saldenübernahme verhindert somit die Möglichkeit der Abschaltung.

Im vorstehenden Beispiel haben wir nur über die elektronischen Eingangsrechnungen gesprochen. Bei Ausgangsrechnungen sind Fälle denkbar, bei denen z. B. die Rechnung im PDF-Format nicht der beigefügten elektronischen (verarbeitungsfähigen) Rechnung entspricht  – seitens der Finanzverwaltung könnte so eine zweite Rechnung angenommen werden. Mit der Konsequenz, dass Sie die Umsatzsteuer gleich zweimal abführen dürfen!

Zum Thema Datenmanagement im Einkauf findet am 20. April 2016 ein Erfahrungsaustausch Einkauf statt, an dem Ihnen auch Sascha Wiehager für Nachfragen und Diskussionen gerne zur Verfügung steht.